Schon
früh macht Schiller Erfahrungen mit den Zwängen, die in einem
Staat absolutis- tischer
Prägung herrschen. Er wächst im kleinen süddeutschen Herzogtum
Württemberg auf,
in dem Herzog Karl-Eugen eine absolutistische Herrschaft par excellence
ausübt.
Schon
mit vierzehn Jahren wird Friedrich Schiller auf dessen Befehl aus der Obhut
seiner Eltern
entzogen und muß fortan die Karlsschule besuchen, auf der der Herzog
sich fleissige
und willfährige Beamten zur Verwaltung seines Staates heranziehen
will. An persön liche
Freiheit und Individualität ist an dieser Bildungsanstalt nicht zu
denken. Hier ist für einen
sich auflehnenden Geist, wie den jungen Schiller kein Platz, und schon
in seinem ersten
Werk, „Die Räuber“, bringt er seine Kritik an den Zwängen zum
Ausdruck.
Dort
ist Schiller
auch in der Nähe des herzoglichen Hofes und erlebt so den dort herrschenden
Prunk und
die Verschwendungssucht der höfischen Gesellschaft, die in krassem
Gegensatz
zur einfachen Lebensweise des Volkes steht. Diese Eindrücke bilden
einen maßgeblichen Hintergrund, für die Kritik Schillers am
Leben bei Hofe, wie sie sich in „Kabale und
Liebe“ darstellt.
In
dem Drama „Kabale und Liebe“, erzählt Friedrich Schiller von der Liebe
der Musikertochter
Luise Miller und des Adeligen Ferdinand von Walter, die durch äußere
Umstände und
Intrigen zerstört wird.
Luise,
die einzige Tochter des Musikus Miller, verliebt sich in Ferdinand von
Walter, den Sohn
des Präsidenten. Dieser kann jedoch eine ernsthafte Beziehung seines
Sohnes zu einer Bürgerlichen
nicht dulden und hat darüber hinaus die Absicht, ihn mit Lady Milford,
der Mätresse
des Fürsten zu verheiraten, um seinen eigenen Einfluß bei Hofe
zu vergrössern.
Als
er merkt, daß Ferdinand nicht bereit ist, seine Geliebte fallen zu
lassen, spinnt der Präsident,
gemeinsam mit seinem Sekretär Wurm eine Intrige um deren Verbindung
zu lösen.
Luise
wird, unter Strafandrohung für ihren Vater, gezwungen, einen Liebesbrief
an den Hofmarschall
von Kalb zu verfassen. Der Brief wird dem jungen von Walter untergeschoben,
der außer
sich gerät und die Echtheit der Liebe Luises zu bezweifeln beginnt.
Er stellt
sie zur Rede, doch Luise kann ihm, um ihren Vater nicht zu gefährden,
nicht verraten, unter welchen Umständen der Brief entstanden ist.
An der vermeintlichen Untreue von
Luise verzweifelnd, sinnt er auf Rache für den Betrug und beschließt
Luise und sich selbst
durch Gift zu töten. Im Todeskampf verrät sie Ferdinand schließlich
die Intrige seines Vaters,
die ihnen beiden das Leben kostet.
Wie
schon zuvor in „Die Räuber“, so bringt Friedrich Schiller auch in
„Kabale und Liebe“ eines
der Hauptthemen der Epoche des Sturm und Drang, die Kritik an der höfischen
Gesellschaft im Absolutismus, zur Sprache. Anhand der verschiedenen Protagonisten
bei Hofe, stellt
er die Verfehlungen des Adels dar.
Lady
Milford hat zwar als Geliebte des Fürsten einen festen und einflußreichen
Platz bei Hofe
inne, steht jedoch noch relativ wenig im Dunstkreis der Fehler des Adels
im Absolutismus. Sie hat sich ein Gefühl für Gerechtigkeit und
Verantwortung bewahrt. Schon seit ihrer
Ankunft am Hof des Fürsten, machte sie ihren Einfluß auf den
Herrscher geltend um
die Not im Lande etwas zu lindern, „dem Tyrannen die Zügel“ abzunehmen
(S. 36/24).
Sie
berichtet Ferdinand, sie „habe Kerker gesprengt - habe Todesurteile zerrissen
und manche
entsetzliche Ewigkeit auf Galeeren verkürzt“ (S. 36/31ff). Als sie
in der Kammerdienerszene (S. 29ff) vom schrecklichen Soldatenhandel erfährt,
den der Fürst unternimmt, um seine teure Hofhaltung und damit auch
ihren Unterhalt zu finanzieren, ist sie über ihre Blindheit
erschrocken. Sie entschließt sich, den Angehörigen derer, die
wegen ihr und ihresgleichen in die Ferne ziehen müssen, durch die
Herausgabe ihrer Reichtümer zu helfen.
Und
nun kann sie es, als „guter Geist bei Hofe“ nicht mehr länger am Ort
dieser Unterdrückung aushalten, noch dazu als „Tochter des freiesten
Volkes unter dem Himmel“ (S.
33/40f) - eine Schillersche Referenz auf das mit konstitutionellen Freiheiten ausgestattete England. Ein aufrichtiger Mensch muß also inmitten der katastrophalen
Verhältnisse am
Hofe eines absolutistischen Herrschers scheitern! Die regierende Oberschicht
in der damaligen
Zeit ist also für Schiller durchweg moralisch durchgefallen.
Wichtiger
jedoch noch für die Kritik an den oberen Zehntausend des Absolutismus,
ist die Figur
der Lady Milford aber in Hinsicht auf das, an den Fürstenhöfen
weitverbreitete Mätressenwesen. In Manier orientalischer Sultane
hielten sich die Herrscher von „Gottes Gnaden“
ganze Harems. Wenn wundert´s da, wenn die Haushaltskassen der Herrscherhäuser
Europas einem Faß ohne Boden glichen? Das Volk wurde ausgepreßt,
damit der „Landesvater“
seine Mätressen mit kostspieligen Geschenken, ja eigenen Palästen
verwöhnen konnte. Mancherorts hatten die Gespielinnen des Fürsten
sogar größeren Einfluß auf
ihn, als seine klügsten Berater. Sie „tändelten mit dem furchtbaren
Zepter und das Volk
blutete unter ihren Launen“ (S. 36/20f), das heißt, ein wenig überspitzt,
paßte einer der
Frauen des Fürsten die Nase eines Untertanen nicht, so konnte das
zu dessen Verhängnis
werden. Am deutlichsten wird dies wohl am Beispiel der Madame Pompadour,
die die
Politik Ludwigs XV. maßgeblich bestimmte.
Und
für jeden, wie Schiller, nach Freiheit strebenden Menschen mußte
es eine Ungeheuerlichkeit sein, daß sein Schicksal nicht
nur von
den Launen eines Gott als einzige Legitimation vorweisenden Fürsten,
sondern überdies
von denen seiner Geliebten abhängt. Der sowieso schon vorhandenen Willkürherrschaft
der „Stellvertreter Gottes“, war also noch eine weitere, unberechenbare
Komponente zur Seite gestellt.
Wenngleich
auch Ferdinand relativ unbescholten ist, im Hinblick auf persönliche
Schuld für
die Zustände im Lande, so ist doch auch seine Figur für die Kritik
an einem Mißstand in
den Zeiten absolutistischer Herrschaft wichtig. Denn auch wenn man als
Leser weiß, daß Ferdinand
ernsthafte Absichten Luise gegenüber hegt, so steht er doch für
das, was er in den Augen
des Musikus Miller und des Präsidenten zunächst ist: ein Adeliger,
der sich zum Zeitvertreib
eine bürgerliche Geliebte halten will.
Wie
aus den Aussagen Millers in der 1. Szene
des 1. Aktes und denen des Präsiden-ten zu Beginn der 5. Szene des
1. Aktes hervorgeht, scheint es zu Schillers Zeit eine weitverbreitete
Beschäftigung für die Adeligen gewesen zu sein, sich ein Mädchen
aus dem Volk zur Geliebten zu nehmen. Auch Ferdinands Vater
mag zuerst „nimmermehr“ an ein „ernsthaftes Attachement“ (S. 16/10f) glauben,
er sieht
es als ein Austoben seines Sohnes an, und meint er spiegle Luise, „der
Närrin solide Absichten“
nur vor (S. 16/30f). Als ein „zärtlicher Vater“ (S. 18/10), ist er
gerne bereit, seinen Sohn
zu unterstützen, daß dieser „Geschmack“ (S. 16/30) findet und
lernt, wie er handeln muß,
damit „ihn die Damen nicht hassen werden“ (S. 16/27f). Von Walter Senior
hofft, daß ein
„gesunder Enkel“ (S. 16/35) aus dieser „Farce“ (S. 16/34) hervorgehe, der
die Manneskraft seines
Sohnes unter Beweis stellen würde und wäre bereit, „die Skortationsstrafe
für seine Dirne“
(S. 17/1f) zu bezahlen.
Eine
mit dem bürgerlichen Ehrgefühl, dem Leitfaden der Aufklärung
und des Sturm und Drang, nicht zu vereinbarende Angelegenheit, wie ein
uneheliches Kind, wäre also für den moralisch verkommenen Adel
eine Nebensächlichkeit. Schiller prangert
diese Zustände zusammen mit den „Hülsen des Standes“ (S. 13/25)
an, die selbst in einem
Fall von wahrer Liebe, wie er in „Kabale und Liebe“ vorliegt, eine Heirat
unmöglich machen.
Schon
von Anfang an erkennt Miller, seine „Tochter ist zu schlecht zu Dero Herrn
Sohnes
Frau“ (S. 7/40). Der Adel duldet keine Bürgerlichen in seinen Kreisen,
es sei denn als „Dero
Herrn Sohnes Hure“ (S. 8/1). Das hat freilich nichts mit der Gleichheit
aller Menschen von
Natur aus zu tun und ist somit ein Angriffspunkt für Schillers Kritik.
Schiller
gebraucht Ferdinand überdies als eine weitere Instanz zur Legitimation
seiner Vorwürfe gegen das festgefahrene Gesellschaftssystem. Denn
wenn sogar ein Major von adeliger Herkunft
harsche Kritik an den absolutistischen Zuständen formuliert, müssen
die Argumente als noch berechtigter erscheinen. Er stellt es selbst in
Frage, „ob mein Adelsbrief älter ist,
als der Riß zum unendlichen Weltall? oder mein Wappen gültiger,
als die Handschrift des
Himmels in Luises Augen“ (S. 15/9ff).
Er
bezichtigt seines Vaters des „Landeswucher“ (S.
17/14) und distanziert sich von dessen „Frevel“ und Missetat“ (S. 21/27ff).
Das „um den Thron
herum“ Gekrieche (S. 22/8) ist ihm zuwider und mit den Einsichten in die
Taten der „Hoheit
eines Herrschers (S. 22/25) ist er sich bewußt, daß diese nur
„Tränen, Flüche und Verzweiflung“
(S. 22/ 25f) über die Untertanen bringen. Die ganze Verachtung gegen
die herrschende
Obrigkeit faßt er zusammen und schleudert sie seinem Vater entgegen.
Denn im Absolutismus wurden „aus vollkommenen Henkersknechten schlechte
Minister“ (S. 47/ 24f) gemacht.
Wie könnte man besser die Kritik an der Unterdrückung und Ausbeutung
des Volkes
durch den Adel zum Ausdruck bringen?
Bei
der Figur des Hofmarschalls von Kalb setzt Schiller auf andere Mittel,
um die höfische Gesellschaft
zu diskreditieren. Mit seinem gekünstelten Gehabe, der Affektiertheit
und seinem unnatürlichen
Pomp stellt er geradezu eine Karikatur der Hofschranzen im Dunstkreis
des Fürsten
dar.
Allein
schon die Vorstellung des Bildes, das er abgibt , mit seinem „reichen,
aber
geschmacklosen
Hofkleid, mit Kammerherrnschlüsseln, zwei Uhren und einem Degen,
Chapeaubas
und frisiert à la Hérisson“, dem „großem Gekreische“
und dem „Bisam-geruch“ (alles
S. 19/13ff), den er verbreitet! Da werden diese ganzen Figuren lächerlich
gemacht, die immer
darauf aus sind, im Gefolge des Fürsten eine gute Figur zu machen,
um in dessen Gunst
höher zu steigen. Das größte vorzustellende Unglück
für diese, ja, Witzfigur ist es, wenn
„der Gassenkot über und über an die Beinkleider spritzt“ (S.
19/35f), wo er doch noch vor
„Seiner Durchleucht das Wetter verkündigen“ (S. 19/ 24) muß!
Sein größtes Glück scheint zu
sein, „zwanzig Minuten und eine halbe“ (S. 20/11f) mit dem Fürsten
palavern zu dürfen.
Wie
Lady Milford es sagt, die allseits sich ereifernden Hofdiener, die Knappen
des Barock, sie
sind nichts weiter als „Sklaven eines einzigen Marionettendrahtes“ (S.
26/ 30f), dessen Puppenspieler
der Fürst ist. Zu diesem Personenkreis ist auch der Sekretär
Wurm zu zählen, der
allzeit dienstbeflissen mit seinem Herren intrigiert.
Des
Weiteren zeigt Schiller mit dem Hofmarschall von Kalb, als Organisator
dieser Dinge, die
Mißstände der Verprassung der Steuergelder auf. So litten die
meisten absolutistischen Fürstenhöfen
an notorischem Geldmangel. Das lag nicht etwa daran, daß die Bevölkerung
nicht genug
erwirtschaftet hätte, sondern, daran, daß man Geld für
kostspielige Vergnügungen aller Art für die Gäste des Herrschers
verschwendete. Angestellte, wie der Hofmarschall, waren den ganzen Tag
damit beschäftigt „dringen-de Geschäfte“, wie „Küchenzettel
- Visitenbillets“
- die Arrangements für eine „Schlittenfahrt“ (alles S. 19/ 20ff)
zu erledigen.
Während
das Volk also hart arbeitete, um seine „von Gott eingesetzten Führer“
zu ernähren und
selbst hungerte, waren diese darauf bedacht, sich ablenken zu lassen, mit
dem „Saft von
zwei Indien“, Jagden, Springbrunnen und Feuerwerken, in denen „das Mark
seiner Untertanen“
verpuffte (alles S. 27/18ff). Eine Herrschaft, die das eigene Volk ausnimmt
wie eine
Weihnachtsgans, hat nichts mit irgendwelchen Prinzipien des Sturm und
Drang gemein sam;
die Verschwendungssucht macht die Ausbeutung des Volkes zum himmelschreienden
Frevel
und wird deshalb von Schiller in „Kabale und Liebe“ aufs Schärfste
angeprangert.
Der
Fürst selbst tritt zwar in Schillers Drama nie persönlich auf,
aber er scheint doch in manchen
Szenen im Hintergrund präsent. Seine Taten geben Anlaß zur Kritik
von mehreren Personen aus. Insbesondere in der Kammerdienerszene (2. Szene,
2. Akt) tritt die Willkürherrschaft
und Unmenschlichkeit absolutistischer Herrscher deutlich zu Tage.
Ein
alter Kammerdiener offenbart Lady Milford (und den Lesern, bzw. Zuschauern),
wer für
die teure Hofhaltung aufkommen muß: „Gestern sind siebentausend Landes-kinder
nach Amerika
fort - Die zahlen alles.“ (S. 29/24f). Als das ihnen das Geld ausgeht
und aus dem
Volk einfach nicht mehr herauszupressen ist, verkaufen zahlreiche deutsche
Fürsten ihre
Untertanen an England, das gegen die nach Freiheit strebenden amerikanischen
Kolonien kämpft. Eine willkommene Gelegenheit, um sich wieder Geld
für weitere Jahre der Verschwendung
bei Hofe zu verschaffen.
Und
wenn die Untertanen nicht gehen wollten, in die
Neue Welt, dann griff man hart durch. Ihr „gnädigster Landesherr ließ
alle Regimenter auf
dem Paradeplatz aufmarschieren und die Maulaffen niederschießen“,
die hilflosen Angehörigen müssen zusehen, wie „die Büchsen
knallen“ und das „Gehirn auf das Pflaster“ spritzt
(alles S.30/1ff). Mit dem Verständnis eines aufgeklärten Absolutismus,
eines Fürsten als
ersten Diener des Staates, hat so etwas nicht im Geringsten zu tun - von Menschen- und Staatsbürgerrechten ganz zu schweigen. Und
gerade für einen freiheitsliebenden
Menschen, wie Friedrich Schiller müssen diese Handlungsweisen deutscher
Fürsten
ein Greuel gewesen sein; als „teutscher Jüngling“ (S. 25/28) an eine
fremde Macht verkauft
zu werden - eine Schande!
Die
Person, die in „Kabale und Liebe“ stellvertretend für den damaligen
Adel im Zentrum der
Anklage steht, ist Ferdinands Vater, der Präsident von Walter. Das
Gesamturteil über ihn
muß vernichtend ausfallen, er ist das genaue Gegenbild zum Leitmotiv
des bürgerlichen Ehrgefühls.
Auch
er versucht, wie schon viele Adelsgeschlechter vor ihm, durch geschickte
Heiratspolitik seine
Machtstellung bei Hofe zu vergrößern. Hier finden wir es nun
jedoch nicht nur bei Königshäusern vor, sondern auch schon in
kleineren Kreisen. „Damit nun der Fürst im Netz“ seiner
„Familie
bleibe, soll“ sein „Ferdinand die Milford heuraten“(S. 18/ 4ff).
Denn
er weiß genau, „wie
sehr sich“ sein „Ansehen auf den Einfluß der Lady stützt“ (S.
17/38f). Ein Präsident in der
Rolle des Kupplers! Für ihn zählen also nicht die Gefühle
seines Sohnes, sondern einzig und
allein der eigene Vorteil.
Die
vom Präsidenten betriebene Heiratspolitik weist auch schon auf seine
Skrupellosigkeit und
moralische Verkommenheit hin, bei der ihm alle Mittel recht sind, ja, er
sogar buchstäblich über
Leichen geht (nämlich die von Ferdinand und Luise), nur um einen Machtgewinn
zu erreichen.
Ein Fortkommenwollen um jeden Preis. Es zeigt sich schon in ganz banalen
Äus serungen
von ihm.
Seine
Definition von rechter Qualifikation für das Amt des Präsidenten:
wenn man
„Witz genug hat, in seinen Beutel zu lügen“, so kann man „Präsident
werden“ (S.16/
32f). Er selbst gelangte schon durch eine Intrige, anscheinend sogar einen
Mord in seine
Position; er spricht von der „Hinwegräumung“ seines Vorgängers
im Amt. Und als ihm die
Gefühle seines Sohnes seine Pläne zu durchkreuzen drohen, intrigiert
er sogar gegen diesen.
Er zerstört absichtlich das Glück von Luise und Ferdinand, um
seine eigenen Ziele durchzusetzen.
Er spannt geschickt den Hofmarschall für seinen Plan ein, um selbst
seine Hände
in Unschuld zu waschen.
Er
läßt Luises Vater verhaften, um sie zu zwingen, den
falschen
Liebesbrief zu schreiben. Hier zeigt sich auch noch einmal die Willkür,
mit der die
Mächtigen verfahren konnten. All dies zeigt, mit welchen Mitteln
der Präsident arbeitet und
Schiller konnte sich gewiß sein, daß das Volk verstehen würde,
was er mit der Darstellung
der verdorbenen Welt des Adels zur Sprache bringen wollte.
Friedrich
Schiller zeichnet also mit seinem Drama „Kabale und Liebe“ nicht nur eine
tragische Liebesgeschichte, die an den widrigen Umständen einer absolutistischen
Gesellschaft scheitert,
scheitern muss, sondern prangert vor allem immer wieder nachdrücklich
die Verkommenheit der höfischen Gesellschaft an.
Er
bleibt dabei immer im Rahmen des Denkbaren und
mußte um so authentischer für das damalige Publikum wirken,
als in der Tat eine Reihe der
Mißstände in vielen der kleinen Territorialstaaten, mit ihren
absolutistischen Fürsten an der
Spitze, so oder so ähnlich bestanden.
Jedoch
scheint ihm und auch allen anderen Schriftstellern, die sich gegen den
Absolutismus und seine Auswüchse wandten, relativ wenig Erfolg
mit ihrer
politischen Botschaft beschieden gewesen zu sein, da sich in Folge dieser
Werke und
nicht einmal unter dem Eindruck der Französischen Revolution in Deutschland
das Volk
erhob, um die Tyrannei abzuschütteln.
Soviel
sie also literarisch für die deutsche Geistes- und
Kulturgeschichte bedeuten, die erhofften politischen Veränderungen
brachten sie leider nicht. |